Sabbatical-Interview mit Marie & Chris #6: One-Way-Ticket nach Zentralamerika

9,5 Monate waren Marie und Chris gemeinsam mit dem Rucksack in der Welt unterwegs. Im Gepäck hatten sie nicht viel mehr als ein One-Way-Ticket nach Kuba und diverse Spanischvokabeln, denn ihre Reise führte sie vor allem nach Zentralamerika und Kolumbien. Im Interview verraten sie uns, was sie mit ihrer Wohnung und ihren Jobs gemacht haben, was die größte Herausforderung bei der Vorbereitung war und was ihre besten Spartipps fürs Reisen sind.

Kurzprofil Maries & Chris' Sabbatical
  • Reiseziele: Kuba, Mexiko, Belize, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Costa Rica, Panama, Kolumbien
  • Dauer: 9 ½ Monate
  • von … bis: Mai 2016 – Februar 2017
  • Reiseart: Paar
  • Reisetyp: Backpacker
  • Koffer oder Rucksack: Rucksack
  • Gesamtbudget pro Person: 10.400 Euro
    (inkl. Reisekrankenversicherung und Kosten vor der Reise)
  • Monatsbudget pro Person: 1.125 Euro
  • Impfungen: Gelbfieber (wir hatten bereits recht viele Impfungen)
  • Job: unbezahlter Sonderurlaub
  • Wohnung: Marie untervermietet, Chris ausgezogen
  • Aus Deutschland abgemeldet: nein
  • Versicherungen: Reisekrankenversicherung

Warum habt ihr euch für ein Sabbatical entschieden?

Es war irgendwie mal wieder so ein typischer Januar, der ja auch gerne mal der Montag des Jahres genannt wird. Irgendwie musste es mehr als immer nur Uni und Arbeit geben. Und bei einer Flasche Wein kam uns dann die Idee einer Weltreise. Die Entscheidung fiel uns dann sehr leicht, allerdings dauerte die Vorbereitung (vor allem die Ansparphase) dann doch ein gutes Jahr. Als wir dann im November endlich die One-Way-Tickets kauften, fühlte sich die Entscheidung dann sehr real an.

Marie in San Blas in Panama
Marie in San Blas in Panama

Was habt ihr mit euren Jobs gemacht?

Chris: Ich bin davon ausgegangen, dass ich kündigen muss und bin auch mit dem Gedanken zu meinem damaligen Chef gegangen. Schon etwas ungewöhnlich, da ich erst wenige Monate vorher den unbefristeten Vertrag im öffentlichen Dienst unterschrieben hatte. Nachdem ich ihm die Gründe meiner Entscheidung mitteilte und er mit der Personalabteilung sprach, kristallisierte sich schnell die Option eines unbezahlten Sonderurlaubs heraus. Diese Möglichkeit habe ich natürlich gerne angenommen.

Marie: Bei mir fand die Reise zwischen meinem Bachelor- und Masterstudium statt. Die Deadline der Abreise war gleichzeitig auch die Deadline, um meine Bachelorarbeit abzugeben. Meinen damaligen Studi-Job hatte ich gekündigt und mir nach der Reise einen neuen gesucht.

Was habt ihr mit euren Wohnungen gemacht?

Chris: Ich wohnte zu dem Zeitpunkt in einer WG und habe mein Zimmer einfach für die nächste Person freigemacht. Das war für mich auch der Anlass, um meinen Besitz radikal auszumisten. Als ich fertig war, passte mein gesamtes Hab und Gut in fünf Umzugskartons.

Marie: Ich habe mein Zimmer in einer WG unterviermietet. Das ging zum Glück alles ganz einfach und unkompliziert.

Chris und Marie vor einen Stück Streetart auf der Isla Holbox in Mexiko
Chris und Marie vor einen Stück Streetart auf der Isla Holbox in Mexiko

Welche Versicherungen habt ihr für die Reise abgeschlossen?

Für die Reise haben wir nur eine Reisekrankenversicherung abgeschlossen. Marie hat sich dabei für die HanseMerkur entschieden, und Chris war bei der Envivas (geht nur als Mitglied der Techniker Krankenkasse). Tatsächlich haben wir die  beide in Anspruch nehmen müssen. In Guatemala haben wir uns nämlich sehr fies den Magen verdorben, so dass ein Besuch beim Arzt unvermeidlich war.  Woran, wissen wir nicht so genau. Vermutlich war das allerdings, als wir nach langer Zeit mal einen Burger mit Pommes essen wollten. Unserer Erfahrung nach sind Pommes in Zentralamerika keine gut Idee. Vermutlich wird das Fett nicht häufig getauscht. Marie hatte zusätzlich noch eine Ohrenentzündung.

Was habt ihr mit der Kranken- und Rentenversicherung in Deutschland gemacht? 

Einfach ruhen lassen. Solange man gesetzlich krankenversichert ist, sollte das auch problemlos gehen. Ist zumindest unser letzter Stand.

Butter bei die Fische: Was habt ihr für die Reise bezahlt? Was waren die größten Kostenpunkte?

Insgesamt haben wir pro Person etwas mehr als 10.000 Euro für 9 ½ Monate bezahlt. Hierin sind auch die Kosten für die Reisekrankenversicherung sowie einige Anschaffungen vor der Reise enthalten.

Der größte Kostentreiber waren die Übernachtungskosten, dicht gefolgt von den Kosten für Verpflegung. Aber auch der Transport schlug ordentlich zu Buche, obwohl wir wenig geflogen sind und meist mit Bussen unterwegs waren.

Chris beim Paragliding in Kolumbien
Chris beim Paragliding in Kolumbien

Fleißig gespart oder Sparkonto geplündert – wie habt ihr die Reise finanziert? 

Wir haben von der Entscheidung bis zum Reiseantritt sehr ordentlich gespart und über Ebay, Kleiderkreisel sowie Flohmarkt noch einiges zu Geld gemacht, was wir nicht brauchten. So konnten wir die Reise finanzieren.

Wie habt ihr es geschafft, Kosten zuhause weitestgehend zu reduzieren?

Wir hatten beide in WGs gewohnt, wodurch die Wohnkosten recht niedrig waren. Zudem haben wir in der Ansparphase kaum Neuanschaffungen getätigt. Denn in unserer Erfahrung lassen wir uns im Alltag schnell mal dazu verleiten, irgendwas wie z.B. neue Kleidung zu kaufen. Das summiert sich dann sehr schnell.

Vorlaufzeit: Wie lange habt ihr euer Sabbatical geplant?

Nicht sonderlich lange. Zwar hat es von Entscheidung bis zur Umsetzung mehr als ein Jahr gedauert, aber das lag vor allem an unserer Sparphase. Viel Zeit haben wir außerdem ins Spanischlernen investiert, da wir größtenteils in spanischsprachigen Ländern unterwegs waren.

Marie und Chris im Golfkart auf der Isla Mujeres in Mexiko
Marie und Chris im Golfkart auf der Isla Mujeres in Mexiko

Wo habt ihr gute Infos für euer Sabbatical gefunden?

Das können wir gar nicht so genau sagen. Allerdings haben wir auch nicht wirklich viel recherchiert, da vieles recht klar ist. Problematisch war es bei Chris mit der Krankenversicherung, da die Informationslage recht dürftig war. Es war schwierig herauszufinden, ob man sich in Deutschland von der gesetzlichen Krankenversicherung abmelden kann, und die Krankenkassen hatten zudem  wenig Interesse daran. Durch viel Recherche im Internet konnten wir dann die Lösung finden.

Was habt ihr tatsächlich vor der Reise gebucht ? Wie konkret habt ihr im Voraus die Reiseroute festgelegt?

Nicht viel. Wir hatten einen Flug von Belgien nach Kuba gebucht (war am günstigsten) sowie einen Flug von Kuba nach Mexiko. Sonst hatten wir im Vorfeld gar nichts gebucht.

Wir hatten schon eine Idee für die Route im Kopf, und eigentlich wollten wir auch viel weiterkommen. Festgelegt war aber nichts, sodass wir unterwegs immer sehr spontan entscheiden konnten.

Welche Anschaffungen habt ihr für die Weltreise gemacht?

Chris hat sich vorher einen Laptop gekauft. Außerdem haben wir etwas Geld in eine vernünftige Reiseapotheke mit Pflastern, Verbandszeug, Einweghandschuhen, was gegen Durchfall, etwas gegen Übelkeit investiert. Die Klassiker eigentlich 🙂 Viel mehr würden wir auch nicht mitnehmen, da man das meiste auch unterwegs bekommt, wenn man nicht fernab der Zivilisation unterwegs ist. Daneben haben wir einige kleinere Anschaffungen wie eine Bauchtasche oder einen Moneybelt getätigt. Hierfür sind insgesamt gute 200 Euro angefallen.

Marie beim Vulkanboarding in Nicaragua
Marie beim Vulkanboarding in Nicaragua

Was gehört auf jeden Fall in den Weltreisekoffer?

Mit zunehmender Reiseerfahrung haben wir gelernt, dass wir unterwegs eher weniger brauchen. Mit dabei sein sollten natürlich der Reisepass sowie 2-3 Kreditkarten. Ein paar Bargeldreserven in Form von US-Dollar empfinden wir ebenfalls als hilfreich. Den Rest kann man auch während der Reise kaufen.

Falls Platz vorhanden ist, würden wir aber zur Mitnahme von (viel) Sonnenmilch raten, da diese in fremden Ländern gerne mal das Fünffache kostet.

Wie war (grob) eure Reiseroute? 

Wir sind in Kuba gestartet und waren dort drei Wochen unterwegs. Im Anschluss wollten wir eigentlich schnell durch Zentralamerika bis nach Kolumbien reisen. Wir dachten, das würde nicht lange dauern.

Da hatten wir uns aber geirrt, denn es gefiel uns oft so gut, dass wir längere Zeit an vielen Orten blieben. So haben wir Zentralamerika (Mexiko, Belize, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Costa Rica und Panama) bis auf El Salvador sehr intensiv bereist.

Zum Schluss waren wir dann noch gute anderthalb Monate in Kolumbien und haben dieses großartige Land ebenfalls sehr in unser Herz geschlossen.

Ihr seid „on a budget“ unterwegs gewesen. Was sind eure Tipps, um kostengünstig zu reisen?

Viel Geld kann man sparen, indem man wie die Einheimischen isst und reist. Am besten nach Plastikstühlen und keiner besonderen Deko in Restaurants Ausschau halten. Wenn dann noch die Einheimischen dort essen, ist es meist gut.

Darüber hinaus gibt es oft Transportmittel für Tourist:innen. Diese kosten meist ein Vielfaches von den lokalen Bussen, die dafür aber meist auch deutlich länger brauchen.

Außerdem kann es nicht schaden, wenn man in der Nebensaison unterwegs ist. In Zentralamerika bedeutet das zwar Regenzeit, aber meist regnet es dann auch nur 1-2 Stunden pro Tag sehr stark und den Rest der Zeit scheint die Sonne.

Was habt ihr gegen Reisemüdigkeit oder Heimweh gemacht?

In der Tat hatten wir in Nicaragua einmal eine Phase, in der wir gar keine Lust mehr hatten. Zum Glück hatten wir ein Hostel gefunden, in dem wir die einzigen Gäste waren und haben einfach mal eine Reisepause eingelegt.

Später in Panama mussten wir dann recht lange auf unsere Weiterreise nach Kolumbien warten, was etwas aufs Gemüt geschlagen hatte. Am Ziel angekommen war dies aber sofort verflogen, und wir hatten einen tollen Ausklang unserer Langzeitreise in Kolumbien.

Was war das Schlimmste, das euch auf der Reise passiert ist?

Wir waren mitten in der Nacht mit unserem gesamten Gepäck auf dem Weg zur Busstation und wurden von einer Hundegang attackiert. Zum Glück kam ein Auto vorbeigefahren, wodurch die Hunde kurz von uns abgelassen haben. Diese Zeit nutzten wir, um einige Meter gutzumachen und zum Schluss ging es dann glimpflich aus. Der Schock saß uns aber tief in den Knochen.

Chris beim Tauchen in Honduras
Chris beim Tauchen in Honduras

Und die schönsten Erlebnisse? Welche Träume habt ihr euch erfüllt?

Da gab es wirklich unzählige. Eigentlich war die gesamte Reise ein sehr schönes Erlebnis. Wenn wir etwas herauspicken müssten, wäre das sicherlich ein zweiwöchiger Spanischkurs am Lago de Atitlán in Guatemala. Wir haben im Internet recherchiert und uns dann einige Schulen vor Ort angeschaut und die gewählt, bei der wir das beste Gefühl hatten. Hier haben wir auch einen Artikel dazu: Spanisch lernen in Guatemala.

Während dieser Zeit haben wir bei einer einheimischen Familie gewohnt und neben der Sprache auch unheimlich viel über das Leben in Guatemala gelernt. Außerdem durften wir die Quinceãnera unserer Gastschwester mit vorbereiten und mitfeiern. Die Quinceãnera ist eine besondere Fiesta (Feier) zum 15. Geburtstag eines Mädchens. Sie wird in einigen Ländern Zentralamerikas gefeiert und markiert den Übergang vom Mädchen zur Frau.

Spannend war auch ein Tauchkurs in Honduras oder in Belize mit Haien zu schnorcheln. In Nicaragua und Kolumbien haben wir bei verschiedenen Stopps sogar Freund:innen fürs Leben gefunden.

Ihr merkt schon, es fällt uns gar nicht leicht, hier etwas hervorzuheben und wir könnten die Aufzählung noch einige Zeit fortsetzen 🙂

Wie war das Nachhausekommen für euch?

Es war schon schwierig, am Ende des Winters wieder in Deutschland anzukommen. Wir hatten aber damit gerechnet, dass es eine Herausforderung sein würde, nach einer so langen Reise wieder in den Alltag zurückzukehren und waren dementsprechend vorbereitet.

Was hat sich nach dem Sabbatical verändert?

Wir haben einen anderen Blick auf sich bietende Chancen gewonnen. Heutzutage sind wir eher der Meinung, dass man diese unbedingt nutzen muss, damit man später nicht irgendwann mal denkt, was wäre gewesen, wenn ich das damals gemacht hätte. Unserer Erfahrung nach ist das nämlich ein schlechteres Gefühl als mal einen Fehler zu machen.

Was wäre euer Tipp für jemanden, der:die überlegt, ein Sabbatical zu machen, sich aber vielleicht noch nicht so richtig traut?

Einfach machen. Klingt zwar jetzt blöd, aber es passt eigentlich ganz gut zur vorhergehenden Frage. Der Worst Case ist, dass man nach einigen Wochen feststellt, dass man einen Fehler gemacht hat. Dann weiß man das aber wenigstens und muss sich nicht mit der Ungewissheit rumschlagen, ob man die Chance des Lebens versäumt hat.

Über Marie und Chris von World on a Budget

Chris und Marie im Amazonas in Kolumbien
Chris und Marie im Amazonas in Kolumbien

Wir sind Marie und Chris und erkunden seit mehr als acht Jahren die Welt zusammen. Dabei lassen wir uns ungern in eine Schublade stecken, sondern reisen meist so, wie es uns gefällt und gerade zu unserer Situation passt. Das kann durchaus eine Langzeitreise mit dem Chicken Bus durch Zentralamerika sein, aber genauso gerne erkunden wir Deutschland mit dem Zug oder Portugal und Südafrika mit dem Mietwagen.

Bei uns auf dem Blog World on a Budget teilen wir unser Erlebnisse und geben unseren Leser:innen umfangreiche Guides an die Hand, um sie zu inspirieren und bei ihrer Reiseplanung zu unterstützen. Hier ein paar unserer Lieblingsartikel:

  • Einer unserer Lieblingsorte während unserer Reise: Isla Holbox
  • Costa Rica geht bei einer Langzeitreise auch günstig:
  • Backpacking in Kolumbien mit (fast) ausreichender Zeit:

Außerdem sind wir vertreten auf

Wir freuen uns, wenn ihr bei uns vorbeischaut!

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